125 Jahre Städtisches Museum Kitzingen
Begonnen hatte alles am 6. April 1895 mit einem Brief des Kitzinger Bürgermeisters Ferdinand Sertorius an das Kitzinger Collegium der Gemeindebevollmächtigten.
Dem rührigen Bürgermeister war im Zuge der Umsiedlung des Stadtbauamtes aufgefallen, dass im Dachgeschoß des kgl. Rentamtsgebäudes – ehem. Landwehrkaserne – ein Speicherraum freigeworden war. Es handelte sich um den sog. „Speicher No. 4“, er lag im Süden des Gebäudetraktes.
Da der Speicherraum allerdings bis dahin nur als Verschlag genutzt wurde, waren erst eine Sanierung und ein Ausbau notwendig, bevor man hier einen Museumsraum einrichten konnte. Hierfür beantragte Ferdinand Sertorius in seinem Schreiben die Bewilligung eines Kredits.
Am 19. April 1895 genehmigte das Gemeindekollegium daraufhin einstimmig den benötigten Kredit für das Vorhaben. Treibende Kraft war der Kollegiumsvorstand und Landrat Friedrich von Deuster. Er schreibt wörtlich:
„Das Collegium ist vollkommen einverstanden, daß ein Theil des Speichers Nr. IV zu einem Städt: Museumsraum in einfacher, sauberer Weise umgestaltet werde und bewilligt den hierzu erforderlichen Credit nach Kostenvoranschlag auf Stadterweiterung, Der Vorstand Friedrich Deuster“
Doch die Gemeindebevollmächtigten, allen voran deren Vorstand, Kommerzienrat Baron Friedrich von Deuster, unterstützen den Bürgermeister nicht nur durch die gewünschten Finanzmittel, sondern sie kümmerten sich auch umgehend um die Einwerbung der ersten Exponate für das neue Stadtmuseum.
Noch im Jahr 1895 sollte ein interessantes Objekt, die „Stadtkämmerei-Cassa“, zugunsten des Stadtsäckels verkauft werden. Das war ein durchaus übliches Vorgehen wenn Geräte oder Mobiliar der Verwaltung veraltet waren und dafür Neuanschaffungen geplant waren. Der Verkauf des guten Stückes konnte, gerade noch rechtzeitig, durch eine Eingabe des Kommerzienrates Deuster an den Magistrat verhindert werden.
Bei dieser „Cassa“ handelt es sich mit hoher Wahrscheinlichkeit um eine der vier heute noch im Museum erhaltenen, mit schweren Eisenbändern beschlagenen und komplizierten Schließmechanismen kunstvoll geschmiedeten Truhen des 16. und 17. Jahrhunderts. Sie alle dürften noch im 19. Jahrhundert in das Museum gelangt sein, als man begann, diese altertümlichen Truhen durch Tresorschränke zu ersetzen.
Im entsprechenden Einwerbungsschreiben vom 6. Juni 1895 bat Friedrich von Deuster übrigens nicht nur um die Überlassung der „Cassa“, sondern auch um Gelder und einen Auftrag für die Renovierung des „Tucherschrankes“.
Dieser bedeutende Frührenaissanceschrank, er gilt als der erste eingeschoßige Fassadenscharnk der Frührenaissance, ist heute noch ein Glanzlicht des Städtischen Museums und dürfte dem zitierten Schriftverkehr nach als einer der ersten Sammlungsgegenstände, zwischen April und spätestens Juni 1895 in den neuen Museumsraum verbracht worden sein. Er stammt – wie spätere Archivrecherchen belegten – aus dem Kitzinger Rathaus. 1579 war er – vermutlich zur Unterbringung der wertvollen Kitzinger „Paul Eber-Bibel“ von einem Kitzinger Schreinermeister „Hans Ducher“ gefertigt worden.
Bemerkenswert ist, dass sowohl dieser Schrank wie auch die genannte „Cassa“ nicht im ersten Eingangsbuch des Museums verzeichnet sind. Das zeigt, dass sämtliche Verwaltungsaltertümer, die der Stadtverwaltung Kitzingens direkt entstammen und seit 125 Jahren auch weiterhin auf dem kleinen Dienstweg in die Sammlungen gelangten, ohne dass diese verzeichnet oder gesondert erfasst wurden.
Inwieweit die Anfrage des Bürgermeisters Ferdinand Sertorius auf eigene Initiative erfolgte, oder ob seinem Schreiben entsprechende Vorgespräche vorausgingen, ist heute, auf Grundlage der im Archiv erhaltenen Unterlagen nicht mehr zu entscheiden. Es ist aber anzunehmen, dass man die Zeit des wirtschaftlichen und politischen Umbruchs, der sich auch für Kitzingen an der Schwelle vom 18. zum das 19. Jahrhundert mit den napoleonischen Kriegen und der Säkularisation ergeben hatte, für die Nachwelt festhalten und dokumentieren wollte.
Nach einer ersten Stufe der Übernahme von Verwaltungsaltertümern, folgte die gezielte Einwerbung wertvoller Bestände aus hochrangigem Besitz. 1896 ging man dann dazu über, öffentliche Aufrufe zu starten, um mit größerer Streuung allgemein gebräuchlichere Objektgruppen einzuwerben.
So erließ der Magistrat 1896 in kurzen Abständen dreimal einen Aufruf an die Bürgerschaft Kitzingens, aber auch an die umliegenden Ortschaften, dem Museum geeignete Ausstellungsstücke zur Verfügung zu stellen. Es wurde ausdrücklich darum gebeten, dem Museum
„alte Maße, Gefäße, Schriftstücke, Schlösser, Münzen. Pokale, Waffen, Gewichte, Glocken, Zunftladen, Sprachrohre, Laternen, Bücher, Landwehrarmaturstücke, Fahnen, Innungszeichen, Instrumente, Zinnern Kannen, Zinnteller, Gläser …“
zu überlassen. Ein Jahr später, am 17. Juli 1897, berichtet die Kitzinger Zeitung vom Erfolg der Aufrufe. Demnach waren 400 Ausstellungsstücke zusammengekommen. Überlegt man sich, dass dazu noch die Verwaltungs- und die gezielt eingeworbenen Privatbestände kamen, dann kann man erahnen, dass der hierfür konzipierte Raum im Speicher des Stadtbauhofs bald überfüllt war.
Ein zweiter Museumsraum wird 1898 im Rathaus eingerichtet
Am 11. August 1898, erging daher ein weiterer Beschluss der Gemeindebevollmächtigten, der die Einrichtung eines zweiten Museumsraumes im Dachgeschoss des Kitzinger Rathauses ermöglichte. Der Erste, der daraufhin das Museum aus seinen Privatbeständen großzügig ausstattete, war der Kollegiumsvorstand Friederich von Deuster. Seine Schenkungen lassen sich aus dem ersten Eingangsbuch des Museums nachvollziehen. Das Eingangsbuch wurde bis 1911 geführt, ein Nachtrag erfolgte noch 1930. Ein neues Eingangsbuch wurde erst wieder im Jahr 2002 angelegt. In der Zeit zwischen der Anlage der beiden Eingangsbücher von 1895 und 2002 wurden aber auch weiterhin mehr oder weniger stadtgeschichtlich relevante Objekte im Stadtmuseum Kitzingen abgegeben. Allerdings fehlen uns in vielen Fällen die Aufzeichnungen, vor allem das Annahmedatum, Hinweise auf die Herkunft und die eigentliche Objektgeschichte.
Umzug des Stadtmuseums in den Kastenhof
Seit seiner Gründung im April 1895 war das Städtische Museum Kitzingen durchgehend für die Öffentlichkeit zugänglich. Es wurde ausschließlich von Ehrenamtlichen geleitet, unterstützt von einem Portier. Die Öffnungszeiten waren bis Anfang 1963 auf einen Wochentag, den Sonntag beschränkt. Führungen, auch für Schulklassen fanden nur auf Anfrage statt.
Im Jahr 1963/64 zog der Museumsbestand unter Leitung Dr. Ernst Kemmeters schließlich in das aus dem 19. Jahrhundert stammende, ehemalige Ökonomie-, spätere Museums- und Archivgebäude in der Landwehrstrasse 23 ein, dort befindet es sich noch heute. 2002 übernahm die Kulturwissenschaftlerin, Stephanie Falkenstein M.A., die Leitung des Hauses. 2007 wurde das Museum neu konzipiert und das Museums- und Archivgebäude mit einem Aufwand von 3 Mio Euro grundsaniert.